Totgesagte leben längerDORFENTWICKLUNG Das kleine Bärweiler kämpft mit Phantasie und Gemeinsinn für eine Zukunft des Dorfes |
„Wie haben Sie das gemacht?“ Ortschef Hans Gehm wird von einer polnischen Fernsehanstalt zur Dorferneuerung interviewt. |
12.08.2013 - BÄRWEILER
Von Wilhelm Meyer
Seit es 1986 vom Geographischen Institut der Universität Mainz als „sterbendes Dorf“ identifiziert wurde, hat Bärweiler eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass eine Gemeinde nicht schicksalsergeben warten muss, bis Prognosen tatsächlich eintreffen.
Fast scheint es, als habe der damalige Bürgermeister Günter Germann sich 1986 gefragt: „Was haben wir alles nicht?“, um gemeinsam mit seinen Mitbürgern die Ärmel aufzukrempeln: „Machen wir was draus!“
Eines muss Germann, genauso wie seinem Nachfolger Hans Gehm schon damals klar gewesen sein. Etwas schaffen geht nur gemeinsam. Zukunft kaufen, so Gehm, war in Bärweiler nie möglich.
Was im Dorf geschieht, verdankt sich dem unglaublich engagierten Einsatz zahlreicher Bürger. Die Herausforderungen des demografischen Wandels hat Bärweiler früh angenommen. Vor allem die Wettbewerbe „Unser Dorf soll schöner werden“ und später „Unser Dorf hat Zukunft“ haben die Menschen im Dorf immer wieder als Herausforderung angenommen. Delegationen aus Polen, Lettland, Ungarn und Tschechien kommen mittlerweile nach Bärweiler, wollen wissen, was hier passiert ist.
Vor allem Einigkeit ist die Waffe Bärweilers im Kampf um die Zukunft. Ein Paradebeispiel war Bürgermeister Gehms Einsatz um den Anschluss Bärweilers an die Datenautobahn, die die Telekom ohne Abzweig nur wenige Meter an Bärweiler vorbeiführen wollte. Mit zig Arbeitsstunden und einem finanziellen Eigenanteil ist das Dorf schon seit Ende 2008 dabei. Internet – eine Voraussetzung, ohne die Menschen wie der Grafiker Hans-Joachim Thrun Bärweiler wohl irgendwann hätte den Rücken kehren müssen. Auch ist Thruns vorbildlich gestaltetes Anwesen, wie auch das Atelier von Rinaldo Greco im alten Tanzsaal, immer wieder Anlaufpunkt von Jurys. Dazu Feuerwehrhaus, Jugend-Bauwagenprojekt, das „kleine Bürgerhaus“, der Dorfplatz und Dorf-Info-Pfad.
Allen voran der jetzt unter Denkmalschutz stehende historische Backes. Statt ihn abzureißen, wurde er zum Zentrum des weit über Bärweiler hinaus beliebten „Backesgrumbeerefest“ der Landfrauen. Weh tut es Gehm um eines der schönsten Gebäude des Ortes, das „Dornröschenschloss“. Zum Erhalt und Restaurierung des einst aus drei Gehöften zusammengewachsenen und seit 40 Jahren leer stehenden, mit einem wunderschönen Kreuzrippengewölbe versehenen Gebäudeskomplexes ist ein Investor leider noch nicht in Sicht.
Beispielhaft sind auch die generationsübergreifenden Projekte, mit denen Bärweiler etwa mit „Langensteinis Dorfgeschichten“ in der „Kinder- und jugendfreundlichen Dorferneuerung“ gepunktet hat. Vereine, Landfrauen, Computerkurse, zehn Jahre Jugendtreff, der Kaffeenachmittag der Alten, der Monatsstammtisch der Landfrauen, Theatergruppe, Dorfmarkt, Dorfkalender, Verkehrsberuhigung, Zukunftswerkstatt – alles weitere Punkte auf Bärweilers Zukunftslandkarte.
Das im dritten Jahr mit Land und der Verbandsgemeinde entwickelte Musterprojekt „Grundversorgung mit Waren und Dienstleistungen“ ist mit seinem Markt, seiner Vortragsreihe, seinen Computerschulungen, und dem neusten Angebot, dem Bärweiler Dorfmarktbus, ebenfalls Experimentierfeld für die Zukunft.
Vor allem aber ist es der Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft, der das Leben in Bärweiler so besonders macht. Auch darüber, dass mit dem Einzug der Windkraft ins Dorf die Gemeinschaft nicht in Gewinner und Habenichtse auseinander gerissen werden soll, haben Gehm, seine Ratskollegen und die Bürger sich den Kopf zerbrochen. Ein Konzept, das alle beteiligt, ist bereits erarbeitet.